Braunschweig. Russische und deutsche Romantik bietet das 8. Sinfoniekonzert im Großen Haus. Darunter auch das Weltabschiedswerk von Johannes Brahms.
Ein überwiegend von russischen Komponisten geprägtes Programm mit einem deutschen Weltabschiedswerk präsentierte das Staatsorchester beim 8. Sinfoniekonzert am Sonntagvormittag im sehr gut gefüllten Großen Haus des Staatstheaters.
Wie der urdeutsche Brocken mit der Walpurgisnacht und den tanzenden Hexen ist das russisch-slawische Pendant, der „Lyssaja gora“, als „kahler Berg“ ein sagenumwobener Mythos von national-sinnstiftender Bedeutung. Modest Mussorgski nahm sich 1866/67 dieses Stoffs mit seiner sinfonischen Dichtung „Nacht auf dem kahlen Berge“ an. Eigentlich als einziges Stück von ihm selbst für großes Orchester verfasst, wird die deutlich veränderte Fassung von Nikolai Rimski-Korsakow jedoch häufiger aufgeführt.
Wie „Satans Zug“ unter Chefdirigent Srba Dinic klingt
Programmmusik im besten Sinne ist die „Nacht auf dem kahlen Berge“ in beiden Versionen allemal: Mit Überschriften wie „Versammlung der Hexen und ihr Geschwätz“, „Satans Zug“ und „Sabbath“ sind die Assoziationen gesetzt. Chefdirigent Srba Dinić führt sein Orchester nach fein-ziseliertem Eingangsflirren behände, viril und präzise durch den kurzen Ritt. Schön differenziert aufgefächert in den Stimmen, mit federnd-elastisch betontem Tanz und vielen exakten Holz- und Blecheinsätzen endet die Rimski-Korsakow-Version geruhsam leise mit Oboe, Glocke und Flöte.
Ein wunderbares Juwel des abendländlichen Romantizismus ist Johannes Brahms‘ Weltabschiedswerk: „Vier ernste Gesänge“, ein Jahr vor seinem Tod 1896 für Bariton und Klavier komponiert, ist ein „Totenopfer“ für die kurz zuvor verstorbene Freundin Clara Schumann. Die vier vertonten Bibeltexte, erst 2004/05 von Detlev Glanert für Orchester instrumentiert, kommen daher wie ein Aufbäumen gegen die Unausweichlichkeit des Todes. Von Glanert sicher ganz im Sinne des Volltöners Brahms umgesetzt, gestaltet nach düster-melancholischem Orchestereinstieg Maximilian Krummen die Gesänge beseelt und tiefgründig mit exzellenter Textverständlichkeit.
Maximilian Krummen singt über den Tod
Im ersten Gesang „Denn es gehet dem Menschen so wie dem Vieh / wie dies stirbt, so stirbt er auch / und haben alle einerlei Odem“ betont sein Bariton ein aufblühendes „stirbt“. Das „Odem“ gerät gar schmelzend, was einer zuversichtlichen Lesart auch der letzten Dinge wunderbar entspricht.
Den vierten Gesang beschließt die Musik fast heiter und zuversichtlich, von Krummen mit inniger Überzeugung, aber auch zart strömend dargeboten - dabei Glaube, Hoffnung und Liebe hochhaltend. Eine berückende Darbietung!
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Altrussische Romantik pur von Alexander Glasunow
Nach der Pause wird dann mit Alexander Glasunows Sinfonie Nr. 8 in Es-Dur altrussische Romantik pur geboten. Das Staatsorchester zeigt sich hier als klangschöner Präsentator eines Stücks der breiten Pinselstriche, bei dem Tradition und Konvention überwiegen. Entstanden während der ersten russischen Revolution gegen das Zarenreich 1905/06, kommt das Werk wie ein Hochamt auf das Überkommene und Verblichene daher. Feierlich und festlich-erhaben lebt in immer wiederkehrender, trotziger Vehemenz das Eingangsmotiv auf.
Zwar durch die Instrumente variiert und abgewandelt und im Schlusssatz sogar mit einem spannungsvollem Schlag unterbrochen, nach dem man durchaus mal etwas Neues hätte erwarten dürfen, kehrt die Musik doch wieder zur Konventionalität zurück. Am Ende gleichwohl viel Beifall für ein Sinfoniekonzert mit interessantem Programm.
Noch einmal am Montag, 15. April, 20 Uhr, im Großen Haus.
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