Braunschweig. Das Landgericht Braunschweig befasst sich erneut mit der Auseinandersetzung. Es geht um die Mitgliederzahlen und das Wettbewerbsverbot.

Der Rechtsstreit zwischen mehreren Gesellschaften der Hygia-Gruppe von Christian Haertle sowie der Haertle Consulting GmbH auf der einen Seite und der Fitnessland-Gruppe auf der anderen Seite wurde fortgesetzt. Am Mittwoch erließ das Braunschweiger Landgericht in einem Urkundenprozess ein Versäumnisurteil: Die Beklagten müssen demnach 886.500 Euro zuzüglich fünf Prozent Zinsen an die Fitnessland-Gruppe zahlen. Durch die Zinsen nähert sich der Betrag der Million an. Die Summe kann dem Gericht zufolge sofort vollstreckt werden, jedoch können Rechtsmittel gegen das Versäumnisurteil in gleicher Instanz eingelegt werden.

(Anmerkung der Redaktion, Stand 18. März: Der Prozessbevollmächtigte der Hygia-Gesellschaften, Rechtsanwalt Birk Becker, hat unterdessen Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt.)

Der Rechtsstreit zwischen beiden Parteien zieht sich schon seit Längerem hin. Die Fitnessland-Gruppe hatte 2021 die Hygia-Gruppe von Haertle übernommen. Es handelte sich um zehn Fitnessstudios in unserer Region. Schon kurz darauf begannen die Auseinandersetzungen. Fitnessland und die Haertle-Gesellschaften verklagten sich gegenseitig zu unterschiedlichen Sachverhalten. Wie der Vorsitzende Richter angab, liegt dem Gericht „ein mannshoher Stapel Akten auf einer Europalette“ vor.

In dem aktuellen Urkundenprozess hatte Fitnessland die Gegenseite auf Garantieverletzung wegen falscher Angaben zur Anzahl der Mitglieder in den übernommenen Studios verklagt. Laut der Anklage hat Haertle bei der Übernahme angegeben, seine Studios würden über mindestens 16.000 Mitglieder verfügen. Fitnessland zufolge seien es aber tatsächlich nur etwa 11.000 Mitglieder gewesen. Vertraglich sei bei der Übernahme festgelegt worden, dass Haertle pro fehlendem Mitglied 180 Euro Kompensation zahlen müsse, woraus sich die Summe von 886.500 Euro plus Zinsen ergibt.

Landgericht Braunschweig spricht ein Versäumnisurteil aus

Rechtsanwalt Birk Becker, der Prozessbevollmächtigte der beklagten Haertle-Gesellschaften, sagte am Mittwoch: „Die Ansprüche können mit Urkunden bewiesen werden, da können wir wenig entgegenhalten, weil uns keine Daten zur Verfügung stehen.“ Mit Urkunden sind in diesem Fall Mitgliederverträge gemeint. Becker erläuterte, er habe aus prozesstaktischen Gründen darauf verzichtet, seinerseits einen Antrag zu stellen. Das Gericht sprach daraufhin das Versäumnisurteil aus.

Fitnessland-Co-Geschäftsführer Thomas Gründel sagte nach dem Prozess gegenüber unserer Zeitung: „Da fällt eine große Last von uns ab.“ Und der geschäftsführende Gesellschafter von Fitnessland, Dominik Horn, meinte, man habe nicht mit einem so frühen Ende des Verfahrens gerechnet.

Hingegen weist Rechtsanwalt Birk Becker darauf hin, dass das Landgericht mit dem Versäumnisurteil nicht in der Sache entschieden habe. „Der Rechtsstreit wird in der gleichen Instanz fortgesetzt werden“, erläutert er. „Die Sachentscheidung des Landgerichts in dieser Causa steht deshalb nach wie vor aus.“

Christian Haertle war bei diesem Prozess nicht anwesend.

Streit zwischen Fitnessland und Hygia geht weiter

Gestritten wird auch noch über diesen Punkt: Die Haertle-Gesellschaften hatten auf Herausgabe von geleasten Fitness-Geräten im Hygia-Studio in Wolfsburg am Allerpark geklagt. Dies steht im Zusammenhang mit einer weiteren Klage der Fitnessland-Gruppe gegen Haertle. Bei der Übernahme des Wolfsburger Fitnessstudios sei ein Wasserschaden festgestellt worden, heißt es. Haertle habe die Versicherung in Anspruch genommen und sie angewiesen, die Zahlung der Versicherungssumme auf sein Konto vorzunehmen, obwohl das Studio zu dem Zeitpunkt bereits im Besitz der Fitnessland-Gruppe gewesen sei.

Es geht um 27.000 Euro, auf die Fitnessland Anspruch erhebt und deshalb die geleasten Fitness-Geräte einbehielt. Während zu den 27.000 Euro erst in den nächsten Wochen verhandelt wird, wies das Gericht die Klage von Haertle auf Herausgabe der geleasten Fitness-Geräte zurück. Gegen die Entscheidung kann noch Einspruch erhoben werden.

Noch keine Entscheidung zum Wettbewerbsverbot

Am Donnerstag stand bereits der nächste zivilrechtliche Prozess an: Dabei ging es um ein zwischenzeitliches Wettbewerbsverbot für Haertle. Bei der Übernahme der Hygia-Gruppe durch Fitnessland war beim Kauf vertraglich geregelt worden, dass Christian Haertle bis Sommer 2023, zwei Jahre ab Verkauf, keine Fitnessstudios in der Region als Wettbewerber betreiben darf. Haertle hatte das Wettbewerbsverbot jedoch anwaltlich aufkündigen lassen: Von Vermietern und Fitnessgeräte-Leasingfirmen sei Haertle im Zuge von weiterhin bestehenden Bürgschaften nach dem Verkauf in Anspruch genommen worden, was ihn zu diesem Schritt gebracht habe. Bereits Ende 2022 und Anfang 2023 hatte Haertle Fitnessstudios unter der Marke Clever-Fit in der Region eröffnet, unter anderem in Helmstedt und Wolfsburg.

Aus Sicht des Gerichts ist eine teilweise Kündigung des Kaufvertrags im Punkt des Wettbewerbsverbots nicht zulässig, erklärte die Vorsitzende Richterin. Das Verbot könne nicht vom Vertrag getrennt werden und habe als Teil des Kaufvertrages einen Einfluss auf die Kaufpreisvereinbarung gehabt. Die Klagevertretung der Fitnessland-Gruppe sprach von insgesamt über einer Million Euro, die wegen des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot durch Haertle zu zahlen sei.

Zwischenzeitlich stand beim Prozess am Donnerstag ein Vergleich im Raum. Dieser wurde jedoch von Rechtsanwalt Birk Becker nach telefonischer Rücksprache mit seinem Mandanten Christian Haertle abgelehnt. Eventuell stünden Haertle wegen falscher rechtlicher Beratung bei der Aufkündigung des Wettbewerbsverbots Regressforderungen gegenüber seiner ehemaligen Anwaltskanzlei zu. Diese seien zunächst zu prüfen, sodass es derzeit zu keinem Vergleich kommen könne. Der Rechtsanwalt der Fitnessland-Gruppe, Hendrik Ott, bezifferte eine mögliche Vergleichssumme auf 775.000 Euro.

Die Urteilsverkündung im Verfahren zum Wettbewerbsverbot wird am 16. April erwartet.

Hinweis der Redaktion: Der Text wurde aktualisiert. Bei dem Urkundenprozess vom 21. Februar handelte es sich um einen zivilrechtlichen und nicht um einen strafrechtlichen Prozess. Die Redaktion hatte versehentlich juristische Fachbegriffe falsch verwendet diese wurden korrigiert. Wir bitten, diese Fehler zu entschuldigen. Außerdem war zunächst möglicherweise nicht ausreichend deutlich geworden, dass das Versäumnisurteil im Urkundenprozess keinen rechtskräftigen Abschluss der Angelegenheit darstellt. Christian Haertles Prozessbevollmächtigter Birk Becker wiesdarauf hin, dass das Landgericht noch nicht in der Sache entschieden habe und der Rechtsstreit fortgesetzt werde.

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