Peine. Die CDU und die FDP halten das Bündnis für „politisch unausgewogen“. Das Bündnis sieht sich hingegen als überparteilich und kontert.

Das „Peiner Bündnis für Toleranz“ – ist es in Wahrheit ein „grün-rotes Bündnis“? Für den Peiner CDU-Landtagsabgeordneten Christoph Plett und FDP-Kreisverbandsvorsitzenden Ralf Zornemann, der auch dem Rat der Stadt Peine angehört, könnte sich das in etwa so darstellen. Bündnissprecher Henning Meyer weist hingegen die Vorwürfe von sich, sieht seine Organisation als überparteiliches Bündnis.

Akribisch listet der Christdemokrat die Demos/Kundgebungen des Bündnisses in diesem Jahr auf und nennt die (angekündigten) Redner dieser vier Veranstaltungen: im Januar in Stederdorf mit Ortsbürgermeister Holger Hahn (SPD), dem Peiner SPD-Landtagsabgeordneten Julius Schneider sowie Matthias Wilhelm (IG Metall); im Februar mit Stefanie Weigand (Grüne), Pia Cybulko (Krankenschwester), Dirk Bischoff (Pastor) und Jens Look (Arbeitsdirektor der Salzgitter Flachstahl GmbH) – Moderator Torsten Gutsmann, zusätzlich habe Schneider gesprochen; im März mit Henning Heiß (Landrat/SPD), Selin Cakir (Konzernjugend- und Auszubildendenvertretung/KJAV Salzgitter AG), Maja Siedlecka (Kreisschülerrat), Clara Upadeck (Klimaaktivistin) – Schneider habe moderiert; im April mit dem Peiner SPD-Bundestagsabgeordneten Hubertus Heil, Amke Ostendorf („Omas gegen Rechts“) – als Moderator der Peiner Grünen-Landtagsabgeordnete Heiko Sachtleben, zusätzlich habe Stefanie Weigand gesprochen.

„Peiner Bündnis für Toleranz“ – Es gibt einen Streit

Zumindest zu einer der vier Veranstaltungen gibt es allerdings einen Streit: Denn Meyer verweist darauf, bei der Demonstration „Bunt statt Blau“ im Januar in Stederdorf habe sehr wohl Plett gesprochen – „das war sehr gut“, lobt der Bündnissprecher. Im Übrigen stellt Meyer fest: „Ich freue mich sehr, eine Möglichkeit zu erhalten, die CDU und FDP enger einzubinden.“ Es seit ihm und den anderen Aktiven im Peiner Bündnis „sehr wichtig, dass wir alle demokratischen Parteien vertreten, die für Toleranz stehen“. Aber: „Leider ist es bisher nicht gelungen, eine Person der CDU oder der FDP aktiv einzubinden.“

Bei der Demo „Bunt statt Blau“ gegen die AfD im Januar in Stederdorf hat Christoph Plett (CDU) zwar gesprochen, aber nach eigenem, Bekunden nur, weil er dazu die Initiative ergriffen habe.
Bei der Demo „Bunt statt Blau“ gegen die AfD im Januar in Stederdorf hat Christoph Plett (CDU) zwar gesprochen, aber nach eigenem, Bekunden nur, weil er dazu die Initiative ergriffen habe. © FMN | Harald Meyer

Dazu sagt Plett: Bei der Demo im Januar in Stederdorf insbesondere gegen die AfD sei die CDU – wie unter anderem auch die FDP – gar nicht als Redner vorgesehen gewesen. „Nur auf meine Initiative und mit Unterstützung des SPD-Landtagsabgeordneten Julius Schneider ist es mir möglich gewesen, bei dieser Veranstaltung doch zu sprechen“, so sieht es Plett. Für eine überparteiliche Organisation wie dem „Peiner Bündnis für Toleranz“ gehöre es sich, von sich aus bei den Parteien anzufragen und ihnen so die Möglichkeit einzuräumen, für Redebeträge zu sorgen – „diese Initiative sollte vom Bündnis kommen“.

„Peiner Bündnis für Toleranz“ – „Wir wollen die ,Kuh vom Eis‘ bekommen“

Plett zufolge ist das Bündnis – laut eigener Homepage nach einem „Aufmarsch der Nazis in Peine“ im Jahr 2011 „von Initiatoren um die Peiner Grünen herum“ entstanden – in der Vergangenheit auch so vorgegeben, und habe beispielsweise ihn um Redebeträge gebeten: Er habe dann zugesagt. „Seit Beginn dieses Jahres haben wir als CDU keine Anfragen mehr von dem Bündnis erhalten“, bedauert Plett. Außer der CDU und der FDP tauche auch die Linke nicht mehr als Redner auf. Den Ausdruck „grün-rotes Bündnis“ will Plett aber nicht verwenden, um „die Sache nicht auf die Spitze zu treiben“.

Meyer, der nach eigener Feststellung wie die andere Bündnis-Sprecherin Hedwig Rother parteilos ist, bemüht sich spürbar, die „Kuh vom Eis“ zu bekommen: „Ich möchte keinen Streit.“ Der Peiner versichert, im direkten Gespräch mit Plett und Zornemann wolle er nach einer Lösung suchen, die von allen getragen werden könne: „Im Organisations-Team des Bündnisses überlegen wir immer lange, wer redet, wie wir eine interessante Veranstaltung machen können und welche Aktion wir unterstützen.“ Die Vorbereitung einer Demonstration bedeute „viel Arbeit, die wir uns in dem Team teilen“. Meyer, der ehrenamtlich auch im Vorstand des Peiner Vereins „Familien für Familien“ aktiv ist, hebt hervor: „Wir alle im Bündnis würden uns sehr freuen, jemand von der FDP und der CDU mit aufzunehmen. Das wäre klasse! So können wir die Zukunft der Aktionen des Bündnisses mitgestalten.“

„Peiner Bündnis für Toleranz“ – „mehr ein Bündnis gegen Rechts“

Der Liberale Ralf Zornemann erklärt, das „Peiner Bündnis für Toleranz“ habe „bislang nicht bei der FDP angefragt, ob wir dort auftreten wollen“. Für den FDP-Mann stellt sich das Bündnis nicht als „politisch ausgewogen“ dar und kommt zu dem Schluss: „Anders als bei der Aktion ,Für Demokratie‘ in der Peiner Fußgängerzone, wo ein anderer Ansatz gewählt wurde – sich für die Werte unserer Demokratie einzusetzen –, versteht sich das ,Bündnis für Toleranz‘ mehr als ein Bündnis gegen Rechts.“ Diese Akteure kämen „vorwiegend aus dem linken Spektrum“, eine Abgrenzung zu Linksradikalen finde nicht statt. „Bei der ,Aktion für Demokratie‘ wurden wir von Anfang an einbezogen und konnten die Ziele mitformulieren“. lobt Zornemann: „Hier hat sich wirklich die ,Mitte der Gesellschaft‘ widergespiegelt.

Kommentar von Harald Meyer, Redakteur der Peiner Nachrichten

Gemeinsam für die Demokratie, gemeinsam für mehr Toleranz – gemeinsam gegen die AfD: So müsste eigentlich das Gebot der Stunde in Deutschland lauten. Doch was sich im „Peiner Bündnis für Toleranz“ momentan abspielt, hat mit einer Gemeinsamkeit aller demokratischen Parteien (die AfD ist hier ausgenommen) nicht so viel zu tun. Gemeinsam heißt es eben auch zusammen mit der CDU und FDP. Das Bündnis scheint allerdings die Kurve bekommen zu wollen, kündigt Gespräche mit CDU und FDP an: Denn trotz aller Rivalität unter den demokratischen Parteien sollte alle der gemeinsame Kampf gegen die Demokratiefeinde verbinden.

Meyer verweist aber darauf, das Bündnis habe „überparteilich einen Aufruf für die Europawahl organisiert“: „Dabei haben wir sehr darauf geachtet, dass niemand von den Parteien aktiv genannt wird.“ Im Übrigen nennt er als Akteure der vier Bündnis-Veranstaltungen in diesem Jahr: Demonstration im Januar „Bunt statt Blau“ im Januar in Stederdorf („Christoph Plett geredet“); Demonstration „Mit Herz gegen Hass“ im Februar („wir hatten vier Redner: Arbeitervertreter, Arbeitnehmervertreter, Kirchenvertreter und Rednerin vom Bündnis für Toleranz“); Demonstration „Meine Freunde bleiben hier“ im März („wir hatten drei sehr junge, engagierte Frauen als Rednerinnen – Kreisschülersprecherin, Fridays for Future, Gewerkschaftsvertreterin – und den Landrat“); Demonstration „Mit Tanz für Toleranz“ im April („Der Focus lag auf zwei Live-Musikerinnen, gerahmt von Reden der ,Omas gegen Rechts‘ und von Hubertus Heil“).

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