Rom. Archäologen in Neapel haben durch Zufall eine 2000 Jahre alte antike Grabkammer entdeckt. Ihr Wächter: Eine sagenumwobene Kreatur.

Neapolis, das antike Neapel, wurde in einer Region erbaut, die reich an Vulkangestein war und ist. Ein Fakt, der die alten Römer genauso gefreut haben dürfte wie moderne Archäologen, die ihre Geschichte erforschen. Dieses Vulkangestein nämlich war weich genug, um Gräber, Kultstätten oder Wohnhöhlen zu schaffen. Immer wieder kommen einige von ihnen zum Tageslicht. So auch vor Kurzem in der Nähe der Stadt Giugliano bei Neapel: Forscher haben dort eine außergewöhnliche römische Grabkammer entdeckt. Vor allem die Malereien im Inneren faszinieren – denn das Grab wurde scheinbar von einer mythischen Kreatur gehütet.

Eine schwere Tuffsteinplatte siegelte die Grabstätte rund 2000 Jahre lang von der Außenwelt ab, bis sie beim Verlegen einer neuen Wasserleitung eher zufällig entdeckt wurde. Bei der Ausgrabung stießen Archäologen auf eine Mauerstruktur, die sie zunächst für die Abgrenzung einer Nekropole – einer größeren Begräbnisstätte – hielten. Bei näherer Betrachtung stellte sich jedoch heraus, dass es sich um die Front einer monumentalen Grabkammer handelte. Die Experten entfernten die große Steinplatte, die den Eingang versperrte, und waren die ersten Menschen, die seit der Zeit der alten Römer das Grab betraten.

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    Antike Grabmalereien begeistern Archäologen

    „Die Emotionen, die eine Entdeckung wie diese auslöst, sind unglaublich“, erzählt Mariano Nuzzo, der Archäologe, der als Erster das Grab erforschte. Antike Darstellungen in so gutem Zustand ließen sich nur sehr selten finden, betonte der Experte. Im Inneren entdeckte Nuzzo an den Wänden und an der Decke eine Reihe beeindruckender Fresken, darunter auch einige, die Zerberus darstellen, den dreiköpfigen Höllenhund des Hades, der die Unterwelt bewachen sollte. Die furchterregende Kreatur diente als eine Art Grabwächter.

    „Das Grab hat perfekt erhaltene Decken- und Wandfresken mit mythologischen Szenen, die sich durch den ganzen Raum ziehen“, berichteten die Forscher. Auch Bilder von Wesen mit menschlichem Oberkörper, dem Rumpf und den Vorderbeinen eines Pferdes und einem Fischschwanz sind zu sehen. Dabei handelt es sich um sogenannte Ichthyokentauren. In der römischen Mythologie sind sie so etwas wie die Pferde des Meeres, auf denen auch die Göttin Venus geritten sein soll.

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    Das Gebiet von Giugliano ist nun nach Jahren der Vergessenheit wieder verstärkt in den Fokus der italienischen Archäologen gerückt. Die zuständigen Behörden in Neapel bezeichneten die Entdeckung als „außergewöhnlich“ und beschrieben das Grab als „unberührt und in perfektem Erhaltungszustand“. Das Areal, in dem die Grabkammer gefunden wurde, ist nach Angaben von Experten etwa vier Jahrhunderte lang für Bestattungen genutzt worden, von der republikanischen bis zur kaiserlichen Zeit. Die Entdeckungen wecken nun die Hoffnung, dass weitere versteckte Grabkammern freigelegt werden könnten.

    Die „Ichthyokentauren“ haben einen Pferderumpf, der in einen Fischschwanz mündet. Die Göttin Venus soll auf diesen Wesen geritten sein.
    Die „Ichthyokentauren“ haben einen Pferderumpf, der in einen Fischschwanz mündet. Die Göttin Venus soll auf diesen Wesen geritten sein. © Soprintendenza ABAP per l'Area Metropolitana di Napoli | Soprintendenza ABAP per l'Area Metropolitana di Napoli

    Der Fund von Bildern mythologischer Figuren ist im Großraum von Neapel keine Seltenheit. So haben Archäologen bei Ausgrabungen in der Ruinenstätte Paestum südlich der Vesuvstadt zahlreiche Figuren aus Terrakotta entdeckt, die Einblick in das religiöse Leben der Antike geben. Dabei handelt es sich um Stierköpfe, Miniaturtempel sowie Darstellungen des griechischen Gottes Eros. Sie wurden in einem 2019 entdeckten Tempel gefunden, der aus dem 5. Jahrhundert vor Christus stammt. Paestum wurde etwa 600 vor Christus von den Griechen gegründet und fiel später an die Römer. Die archäologische Stätte zählt zum Weltkulturerbe.