Berlin. Das Sylt-Video ließ die Diskussionen um den Hit „L‘amour toujours“ hochkochen. Ein DJ will ihn weiter spielen und positiv umdeuten.

Durch das berühmt-berüchtigte Sylt-Video ist ein Song aus dem Jahr 2001 wieder in aller Munde – obwohl er natürlich nie ganz weg war. „L‘amour toujours“ zählt aufgrund seiner eingängigen Melodie seit über 20 Jahren zu den großen Partyhits. Dass er jetzt für ausländerfeindliche Parolen missbraucht wurde, stößt auch Originalinterpret Gigi D‘Agostino sauer auf.

Erste Partyveranstalter ziehen jetzt allerdings Konsequenzen aus den missbräuchlichen Textzeilen, die schon seit einer Weile auf Tiktok kursieren. So wird „L‘amour toujours“ nicht auf dem Oktoberfest, dem größten deutschen Volksfest, laufen. Das ist die klare Ansage des zuständigen Organisators. Doch eigentlich entscheidet auf einer Party nur einer, welche Musik gespielt wird und welche nicht: der DJ. Wie stehen die professionellen Partybeschaller zu der Kontroverse um „L‘amour toujours“?

DJ-Präsident über Sylt-Skandal: „Einen Song zu verbieten ist die völlig falsche Herangehensweise“

Dirk Wöhler, Präsident des Berufsverbandes Discjockey e.V. (BVD) und seit 30 Jahren hauptberuflicher DJ, hat dazu eine klare Meinung: „Einen Song zu verbieten, weil der in irgendeiner Form gekapert wurde, ist die völlig falsche Herangehensweise“, sagte er unserer Redaktion. Grundsätzlich dürfe man einen Song nicht verbieten, weil er von rechten oder linken Gruppierungen gekapert wurde. „Wir als Gemeinschaft sollten da anders reagieren.“

Was genau er damit meint? „Jeder Gast muss die Zivilcourage haben einzuschreiten, wenn er so etwas wie den Sylt-Vorfall mitbekommt.“ Und wenn der DJ merkt, dass auf der Tanzfläche ausländerfeindliche Parolen gegrölt werden? Für solche Situationen bietet der BVD laut Wöhler Schulungen an: „Wir bieten regelmäßig Moderationsseminare an, damit DJs in der Lage sind, bei einem Brand oder einer Schlägerei zu reagieren, das gilt auch für solche Vorfälle. Ein DJ hat auch die Macht, die Leute dann bloßzustellen und ihnen zu zeigen, dass ein solches Verhalten hier nicht hingehört.“

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Sylter DJ trifft laut DJ-Präsident keine Schuld

In dem Sylter Club „Pony“, wo das Skandalvideo aufgenommen wurde, sei der DJ laut Wöhler, der den Club nach eigener Aussage gut kennt, aber gar nicht in der Lage gewesen, den Vorfall zu sehen. Somit konnten die Gäste die rechtsextremen Parolen ungestört weitersingen. Ein Verbot oder ein freiwilliger Verzicht kommt für Wöhler aber nicht infrage: „Ich spiele den Song auf jeden Fall weiterhin“, kündigte er an. Und wenn jemand dazu rassistische Gesänge anstimmt? „Ich habe solch einen Vorfall in 30 Jahren als hauptberuflicher DJ noch nie erlebt. Und wenn, dann hätte ich sofort eingegriffen.“

Um „L‘amours toujours“ aber nicht denjenigen zu überlassen, die das Lied missbrauchen, hat er einen Vorschlag: „Wir als Berufsverband würden uns wünschen, dass man diese eingängige Melodie nutzt und vielleicht anlässlich der anstehenden Heim-EM einen deutschen Text darauf dichtet, der positiv ist und der zeigt, dass wir multikulti sind, dass wir alle stolz auf Deutschland sind und hier Meinungsfreiheit genießen dürfen und – unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe – eine große Gemeinschaft sind.“