Berlin. Kanzler Scholz gab das Versprechen, mehr kriminelle Afghanen abzuschieben – doch das wird kompliziert. Nun eröffnet sich eine Lösung.

Es waren markige Worte, mit denen Olaf Scholz Anfang Juni eine Kehrtwende machte: Künftig soll es Abschiebungen nach Afghanistan geben – die 2021 ausgesetzt worden waren, als die Taliban im Land die Macht übernahmen. Nach dem tödlichen Messerangriff eines Afghanen auf einen Polizisten in Mannheim Ende Mai verschärfte der Kanzler seine Rhetorik. Scholz kündigte an, die Ausweisungsregelungen so zu verändern, „dass aus der Billigung terroristischer Straftaten ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse folgt“.

Scholz weiter: „Wer Terrorismus verherrlicht, wendet sich gegen alle unsere Werte – und gehört auch abgeschoben“. Das ist der Plan. Doch nun wird klar: Einfach wird die Umsetzung nicht. Für die Verschärfung der Abschiebungen zuständig ist in erster Linie das Innenministerium von Nancy Faeser (SPD). Man lasse „intensiv“ Möglichkeiten prüfen, wie man nach Afghanistan abschieben könne, sagte ein Sprecher des Innenministeriums unserer Redaktion.

Lesen Sie auch: Getöteter Polizist – Wie das Land die Familie entschädigt

Angesichts der schwierigen Sicherheitslage im Land seien jedoch komplexe Fragen zu klären. Wo Abschiebungen nicht möglich seien, wären konsequente Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in Deutschland entscheidend, heißt es im Ministerium. Da komme es dann auch auf die zuständigen Landesbehörden an. 

Abschiebungen nach Usbekistan – Deal ist wohl in Abstimmung

Ein Weg, um Abschiebungen möglich zu machen, könnte der Weg über angrenzende Nachbarländer von Afghanistan sein. Laut einem kürzlich veröffentlichten Bericht des „Spiegel“ führt das Innenministerium unter anderem Gespräche mit Usbekistan, um Afghanen aus Deutschland dorthin abzuschieben. Auf diese Weise würde das Ministerium direkte Verhandlungen mit den radikal-islamistischen Taliban vermeiden. Laut „Spiegel“ soll bereits eine Delegation für Verhandlungen nach Usbekistan gereist sein. 

Die Delegation hat offenbar vorgeschlagen, ausreisepflichtige Afghanen nach Taschkent zu bringen und sie dann mit der privaten Fluggesellschaft KamAir weiter ach Kabul zu fliegen. Für den Flug von Deutschland nach Usbekistan wird laut dpa erwogen, eine rumänische Charter-Gesellschaft zu beauftragen. Die Pläne scheinen sich also zu konkretisieren. Joachim Stamp (FDP), der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, soll in Usbekistan über den Deal verhandeln.

Gutachten bestätigt Rechtmäßigkeit von Drittstaaten-Abkommen

Während viele EU-Länder bei Abschiebungen aktuell auf sichere Drittstaaten setzen, zögert Deutschland noch. Die Union will das ändern und legte ein Rechtsgutachten des Migrationsforschers Daniel Thym vor, das die Rechtmäßigkeit dieser Modelle bestätigt. Laut der „Rheinischen Post“ seien demnach Drittstaatslösungen mit Grundgesetz, Genfer Flüchtlingskonvention und Menschenrechten vereinbar. Schutz sei erforderlich, aber nicht an einen bestimmten Ort gebunden.

Etwa 13.000 Afghanen in Deutschland sind offiziell ausreisepflichtig – viele von ihnen sind geduldet und dürfen deshalb im Land bleiben. Befürworter von Abschiebungen behaupten, dass die zwangsweise Rückführung von Straftätern eine abschreckende Wirkung hätte und Straftaten vorbeugen könnte.