Göttingen. Die IG BAU fordert einen „höheren Kontrolldruck“. Das Zollamt kontrolliert auch Baufirmen, bräuchte laut Gewerkschaft aber mehr Personal.

Das Hauptzollamt Braunschweig, das auch für den Landkreis Göttingen zuständig ist, hat im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres 244 Arbeitgeber in der Region kontrolliert. Im Fokus der Fahnder dabei: die illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Verstöße gegen geltende Mindestlöhne.

Allein Baufirmen bekamen 76 Mal Besuch von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls, wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt mitteilt. Die IG BAU beruft sich dabei auf Aussagen des Bundesfinanzministeriums.

Häufig Tricksereien beim Lohn

Demnach hatten es die Braunschweiger Zöllner häufig mit Tricksereien beim Lohn zu tun: In der ersten Jahreshälfte leiteten die Beamten in der gesamten Region 246 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten ein – etwa weil Mindestlöhne unterschritten, gar nicht oder zu spät gezahlt wurden. Hierbei wurden Bußgelder in Höhe von rund 373.000 Euro verhängt – davon 61.600 Euro gegen Bauunternehmen.

„Die Zahlen zeigen, dass es viele Firmen mit der Bezahlung ihrer Beschäftigten nicht so genau nehmen. Sowohl bei den speziellen Branchenmindestlöhnen wie auf dem Bau als auch beim gesetzlichen Mindestlohn“, kritisiert Heinrich Grupe, der stellvertretende Bezirksvorsitzende der IG BAU Niedersachsen-Süd.

Der Gewerkschafter begrüßt die Pläne der Ampel-Koalition in Berlin, das gesetzliche Lohn-Minimum auf 12 Euro pro Stunde anzuheben. Allerdings müsse der Staat sicherstellen, dass sich die Firmen auch an die Vorschriften hielten – und für einen „höheren Kontrolldruck“ sorgen. Das gelinge jedoch nur, wenn die FKS beim Hauptzollamt Braunschweig personell erheblich aufgestockt werde.

„Staatliches Zuständigkeits-Wirrwarr“

Die IG BAU kritisiert zudem ein „staatliches Zuständigkeits-Wirrwarr“ bei den Kontrollen. Das führe häufig dazu, dass Missstände ungeahndet blieben. So seien etwa die Arbeitsschutzbehörden, die über die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und Standards bei Unterkünften ausländischer Beschäftigter wachen, personell unterbesetzt. Außerdem hätten sie im Zuge der Pandemie weitere Aufgaben wie die Kontrolle der Homeoffice-Verordnung bekommen.

Die FKS des Zolls hingegen kümmere sich um die Prüfung von Lohn- oder Steuerabrechnungen. Bei Verstößen verhänge die FKS zwar Sanktionen gegen die Firmen. Bauarbeiter müssten sich dann aber um den Lohn, um den sie geprellt wurden, selbst kümmern. „Perspektivisch brauchen wir eine staatliche Arbeitsinspektion, die als übergeordnete Behörde die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte sicherstellt“, fordert Grupe. Entscheidend sei, die Tarifpartner zu beteiligen.

„Sündenregister“ für Schwarzarbeit

Die IG BAU setzt sich dafür ein, auffällig gewordene Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen. „Wir brauchen ein ,Sündenregister‘ für Schwarzarbeit – eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohn-Prellerei beruht.“