Göttingen. Team der Universität Göttingen beobachtet erstmals die Entstehung von sogenannten „dunklen Moiré-Interlagen-Exzitonen“. Was das bedeutet.

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen hat erstmals ein grundlegendes physikalisches Phänomen sichtbar gemacht, das bei der Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie eine Rolle spielt. Das berichtet die Uni in einer Pressemitteilung. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sei es demnach gelungen, sogenannte dunkle „Moiré-Interlagen-Exzitonen“ sichtbar zu machen und deren Entstehung mit den Methoden der Quantenmechanik zu erklären.

Die Forscherinnen und Forscher zeigen, wie eine in Göttingen neu entwickelte experimentelle Technik, die zeitaufgelöste Impulsmikroskopie, tiefste mikroskopische Einblicke zu diesen technologisch relevanten Fragestellungen liefert. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature erschienen.

Atomar dünne Strukturen aus zweidimensionalen Halbleitermaterialien seien vielversprechende Kandidaten für zukünftige Bauteile in der Elektronik, Optoelektronik und Photovoltaik, so heißt es in der Mitteilung. Und die Eigenschaften dieser Halbleiter könnten auf faszinierende Weise kontrolliert werden: Wie Legosteine können die atomar dünnen Schichten aufeinandergestapelt werden.

Es gebe allerdings einen weiteren wichtigen Trick: Während Legosteine nur gerade oder um 90 Grad gegeneinander verdreht gestapelt werden können, kann der Drehwinkel im Aufbau der Halbleiterstrukturen beliebig eingestellt werden. Und genau dieser Drehwinkel sei für die Herstellung neuartiger Solarzellen interessant, so teilt die Uni weiter mit.

Während der Drehwinkel also ein bahnbrechender Kontrollparameter für neue Technologien sein könne, führe er auch zu experimentellen Herausforderungen: Typische experimentelle Ansätze haben nur indirekte Zugänge zu den Moiré-Interlagen-Exzitonen, seien quasi ‚blind‘ gegenüber den ‚dunklen‘ Exzitonen. „Mit Hilfe der zeitaufgelösten Impulsmikroskopie machen wir diese eigentlich dunklen Exzitonen sichtbar“, erklärt Dr. Marcel Reutzel, Nachwuchsgruppenleiter in der Fakultät für Physik an der Universität Göttingen.

„So können wir messen, wie die Exzitonen auf der Zeitskala von dem Millionstel eines Millionstels einer Millisekunde ausgebildet werden.“ Man könne die Dynamik der Entstehung dieser Exzitonen in einer quanten-mechanischen Theorie beschreiben, die die Forschergruppe von Prof. Dr. Ermin Malic aus Marburg entwickelt habe.

„Diese Ergebnisse ermöglichen uns nicht nur einen fundamentalen Einblick in die Entstehung dunkler Moiré-Interlagen-Exzitonen, sondern eröffnen zudem eine völlig neue Perspektive, die optoelektronischen Eigenschaften dieser neuen und faszinierenden Materialien zu studieren“, so Prof. Dr. Stefan Mathias, Leiter der Studie am I. Physikalischen Institut der Universität Göttingen. „In unserem Experiment messen wir eine bahnbrechende Signatur des Moiré-Potenzials, das heißt, den Einfluss der kombinierten Eigenschaften der beiden verdrehten Halbleiterschichten. In Zukunft werden wir genau diesen Effekt weiter studieren, um mehr über die resultierenden Materialeigenschaften zu lernen.“

Die beteiligten Forschungsgruppen profitierten von DFG-geförderten Sonderforschungsbereichen, den „SFBs“ „Kontrolle von Energiewandlung auf atomaren Skalen“ und „Mathematik des Experiments“ in Göttingen sowie dem SFB „Struktur und Dynamik innerer Grenzflächen“ in Marburg.