Braunschweig. Dass der Salzgitteraner bei der WM überhaupt dabei sein konnte, war gar nicht selbstverständlich. Doch Theis war in Topform – auch dank der Familie.

Am Dienstag wurden die deutschen Basketball-Weltmeister in Frankfurt in Empfang genommen. Dort hat die Truppe von Coach Gordon Herbert sich noch einmal richtig feiern lassen. Und das völlig zurecht. Unter all dem Jubel machte sich aber auch kurz etwas Verwunderung breit. Denn als die Spieler einer nach dem anderen auf die Bühne gerufen wurden, fehlte einer: Daniel Theis. Der gebürtige Salzgitteraner hatte geschwänzt – allerdings aus nachvollziehbarem Grund. Er wollte zügig zu seiner Familie. Und als Dennis Schröder, Franz Wagner und Co. in der Mainmetropole die nächsten Sektflaschen entkorkten, saß Theis schon im Flieger nach Boston.

Mit dem Nationalteam ist er zuvor einmal um den Globus geflogen. Lehrgang und Testspiele in Deutschland, Feinschliff in Abu Dhabi, WM-Vorrunde in Okinawa, K.O.-Phase in Manila. Dass Theis diese Reise überhaupt antreten konnte, war gar nicht so selbstverständlich. Das Knie hatte mal wieder Probleme gemacht. Theis wurde operiert, lange Zeit musste er aussetzen. Für seinen Arbeitgeber, das NBA-Team der Indiana Pacers, hatte er in der abgelaufenen Saison nur sieben Spiele absolviert. Vom Lazarett auf den WM-Thron? Ein steiler Aufstieg innerhalb von nur ein paar Monaten.

Daniel Theis ackert in der Reha und stellt die Ernährung um

Aber Theis arbeitete akribisch für das große Ziel. Sein letzter Saisoneinsatz datiert vom 23. Februar. Danach spielte der 2,03-Meter-Mann nicht mehr. Stattdessen pendelte der 31-Jährige zwischen Kraftraum und Physiotherapie-Pritsche, arbeitete mit vollem Einsatz an der Reha. „Da hatte ich nur das eine Ziel: Für die WM so fit wie möglich zu sein“, sagt Theis gegenüber unserer Zeitung.

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Auch seine Ernährung hat er umgestellt. Profi-Sport ist heutzutage eben ganzheitlich. „Da hat mir meine Frau Lena extrem geholfen und mir nur das Essen, was gut für mich ist, vorgesetzt“, sagt der Big Man. Es hat sich gelohnt. Theis spielte eine außerordentliche WM. Defensiv war er einer der Anker des Nationalteams, bereitete sogar Superstar Luka Doncic Probleme. Im Halbfinale schenkte er den USA 21 Punkte ein. Theis war fit.

Basketball-Weltmeister? Unbegreiflich!

Und nun ist der Salzgitteraner, der das Basketball-Spielen in Braunschweig erlernte, Weltmeister. Ganz fassen kann er das auch heute noch nicht. „Noch ist es schwer, den Erfolg einzuschätzen. Es ist natürlich unbegreiflich zu sagen, man ist Basketball-Weltmeister“, sagt er. Realisieren werde er diesen Triumph wohl erst in ein paar Tagen – mit etwas Ruhe, zu Hause bei der Familie. Dann wird so langsam ankommen, „was wir wirklich erreicht haben als Team und persönlich. Wir sind Weltmeister und das für immer. Das kann uns niemand mehr nehmen. Wir haben etwas erreicht, was keine Generation vor uns geschafft hat. Und genauso wird uns dieser Erfolg als Team für immer verbinden.“

Team ist in diesem Zusammenhang ein gutes Stichwort. Der gesamte deutsche Tross hob stets hervor, was für eine eingeschworene Truppe da in Asien auf die Mission gegangen ist. Kapitän Schröder sagte gar, es sei das beste Team, in dem er je gespielt habe. „Das kann ich nur bestätigen“, sagt Theis und fügt zum Zusammenhalt an: „Wenn man Weltmeister wird, spielt das schon eine große Rolle.“

Wir sind Weltmeister und das für immer. Das kann uns niemand mehr nehmen. Wir haben etwas erreicht, was keine Generation vor uns geschafft hat. Und genauso wird uns dieser Erfolg als Team für immer verbinden.
Daniel Theis über den deutschen WM-Erfolg

Deutsche Basketballer mit richtigem Mix

Und da muss jeder mitziehen. Es scheint, als hätte Coach Gordon Herbert für das Weltturnier genau die richtige Mischung von Charakteren gefunden. Zudem kannte sich der Kern des Teams schon vom Bronze-Lauf bei der EM im Vorjahr. Und: „Wir haben uns alle hinter dieses Ziel gestellt. Jedes Ego wurde zur Seite gepackt, und es gab nur das Team und den Erfolg“, sagt Theis.

Das Ziel der deutschen Basketballer lautete zunächst: Medaille. Die Farbe ließen sie offen. Letztlich ist es Gold geworden. Und Theis ist sicher nicht der einzige, der diesen Erfolg erst einmal sacken lassen muss, um ihn greifen zu können. Am Sonntagnachmittag deutscher Zeit war es schließlich geschafft. Serbien war mit 83:77 geschlagen – und die Trance des Erfolgs begann. Die Feier auch. Viel Schlaf gab‘s nicht in der Nacht von Sonntag auf Montag.

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Daniel Theis rief als erstes die Familie an

Und freilich war die Resonanz riesig. Etwa 100 Nachrichten hatte Daniel Theis bekommen, als er nach dem Spiel zum ersten zum Handy griff. „Von allen möglichen Leuten, von ehemaligen und jetzigen Mitspielern, von deutschen Football-Spielern, die in den USA aktiv sind, von Fußballspielern. Es war alles dabei“, sagt er. Natürlich auch von der Familie. Und bevor er auch nur eine dieser Nachrichten beantwortete, galt die Aufmerksamkeit den wichtigsten Menschen in seinem Leben: „Nach dem Spiel habe ich als erstes mein Handy geholt und meine Frau und meine Kinder angerufen, um den Moment mit ihnen zu teilen“, sagt der 31-Jährige.

Etwa zwei Tage später konnte Theis die Familie dann in Boston wieder persönlich in die Arme nehmen. Es war das emotionale Ende einer langen Reise. Und ganz sicher noch etwas schöner als ein Empfang in Frankfurt.