Berlin. Die Teuerungsrate in Deutschland steigt erstmals nach Monaten wieder an. Und das hat auch mit einem Prestige-Projekt der Ampel zu tun.

Monatelang gab es in Sachen Inflation gute Nachrichten: Seit Dezember fiel die Teuerungsrate in Deutschland kontinuierlich. Damals lag sie noch bei 3,7 Prozent. Im März und April verharrte sie dann bei 2,2 Prozent – und steigt nun wieder leicht an. Die Verbraucherpreise lagen im Mai um 2,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten nun mitteilte. Warum steigt die Inflation jetzt wieder an?

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, macht vor allem das 49-Euro-Ticket dafür verantwortlich. „Die Inflation steigt wieder, da die dämpfenden Effekte des Deutschland-Tickets aus dem Jahresvergleich wegfallen“, erklärte er dieser Redaktion. Das Deutschland-Ticket, das im Mai 2023 eingeführt worden war, hat zu deutlich niedrigeren Preisen im öffentlichen Nahverkehr geführt. Dieser Sondereffekt ist jetzt aber ausgelaufen, da der Preisvergleich nun nicht mehr mit den zuvor höheren Kosten erfolgt.

Diese Preistreiber lassen die Inflation nach oben gehen

Doch nicht nur das Deutschland-Ticket gilt als Preistreiber. So wird etwa seit Monatsbeginn eine höhere Flugticketsteuer erhoben. Fluggesellschaften scheinen dies, auch weil die Nachfrage derzeit so hoch ist, auf die Passagiere abwälzen zu können. „Allgemein kann man sagen, dass die Nachfrage aufgrund von steigenden Löhnen und niedriger Arbeitslosigkeit immer noch so stark ist, dass Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen verkaufen können – ohne die Preise zu senken“, erklärt Brzeski weiter.

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt für Deutschland und Österreich der ING.
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt für Deutschland und Österreich der ING. © Corbis/Getty | Horacio Villalobos

Auf Europa-Ebene steht übrigens kommende Woche die nächste Leitzinsentscheidung an. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt eine Inflation von mittelfristig zwei Prozent als optimales Niveau für den Währungsraum an. Es wird erwartet, dass die EZB den Leitzins nach zahlreichen Erhöhungen erstmals wieder absenkt.

Er liegt aktuell auf dem Rekordniveau von 4,5 Prozent, mit dem die Währungshüter die Inflation dämpfen wollten. Auch Brzeski zeigt sich auf EU-Sicht optimistisch: „Ich erwarte, dass die EZB nächste Woche den Leitzins um 25 Basispunkte senken wird. Nicht, weil sie es muss, aber weil sie denkt, dass sie es sich leisten kann.“