Berlin. Laut einer Umfrage will eine große Mehrheit zur Europawahl im Juni gehen. Gleichzeitig wächst die Sorge vor einem Rechtsruck.

Rechtsruck, Krieg in der Ukraine, Inflation: Das Interesse an der europäischen Politik ist in Deutschland aktuell sehr hoch. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts infas quo aus Nürnberg im Auftrag des Bundesverbands deutscher Banken, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach gaben 67 Prozent der Befragten an, sich derzeit stark für die Europawahl am 9. Juni zu interessieren. Das ist der höchste seit 2006 gemessene Wert. „Damit steigt auch die Bereitschaft, zur Wahl zu gehen“, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. Drei Viertel der Befragten gaben demnach an, dass sie dieses Mal bei den Europawahlen ihre Stimme abgeben wollen.

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Insgesamt blicken die Deutschen laut der Umfrage positiv auf Europa: 70 Prozent halten viel von der Europäischen Union. Auch das sei ein neuer Höchstwert. Knapp die Hälfte (48 Prozent) denkt demnach, dass eine EU-Mitgliedschaft mehr nutzt, als schadet, ein Viertel hält Vor- und Nachteile für ungefähr ausgeglichen, und für 28 Prozent überwiegen die Nachteile. Ältere Befragte beurteilen die EU-Mitgliedschaft demnach grundsätzlich positiver, jüngere kritischer. Die deutliche Mehrheit der Befragten ist zudem für eine engere Zusammenarbeit in der EU – sowohl wirtschaftlich (59 Prozent) als auch außen- und sicherheitspolitisch (65 Prozent). Die Altersgruppe der über 60-Jährigen befürwortet dies am stärksten.

Umfrage: Angst vor Rechtsruck wächst

Dem Europäischen Parlament stehen die Befragten zwar grundsätzlich positiv gegenüber. So gaben sieben von zehn Befragten an, dass das EU-Parlament eine wichtige Rolle in der europäischen Politik spiele. Und drei Viertel (76 Prozent) sind der Meinung, dass seine Entscheidungen große, konkrete Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger haben. Zu den Befugnissen des Europäischen Parlaments sind die Deutschen jedoch eher gespalten: Ein Drittel (32 Prozent) möchte sie künftig noch gestärkt sehen, für fast ebenso viele sollte sich daran nichts ändern (28 Prozent), vier von zehn würden die Rechte des EP eher einschränken wollen.

Insgesamt gehen die Befragten davon aus, dass rechte Parteien bei der Wahl dominieren könnten. Mit Blick auf den Wahlausgang erwarten drei Viertel mäßige (37 Prozent) oder große (38 Prozent) Stimmengewinne bei rechten, europakritischen Parteien. Rund drei Viertel der Befragten (73 Prozent) wollen an der Europawahl im Juni teilnehmen. Während das auf eine insgesamt hohe Mobilisierung schließen lässt, ist die Bereitschaft, zur Wahl zu gehen, unter den 18- bis 29-Jährigen mit 57 Prozent deutlich niedriger. Herkenhoff zeigt sich dennoch optimistisch: „Die große Mehrheit der Deutschen zeigt Flagge für Europa“, sagt er. „Es scheint, dass der europafeindliche Populismus bei der großen Mehrheit der Bevölkerung nicht verfängt. Vielmehr erinnert er die Menschen wieder stärker daran, was sie an Europa haben.“