Walkenried. Die „Juliushütte“ und das KZ, der Anschluss an den Personenzugverkehr – die Geflüchtete Ruth Monicke hat über Walkenrieds Gemeindegrenzen hinaus gewirkt.

Ruth Monicke hat sich auf ihre Art von ihren Freunden und Bekannten verabschiedet. Still hat sich die bekannte Walkenriederin von dieser Welt zurückgezogen, ist bereits Mitte November verstorben. Das passt eigentlich so gar nicht zu ihr, deren Engagement für ihre alte Heimat sich bis zuletzt in Taten und Worten niederschlug und die in ihrer neuen Heimat zahlreiche Pflöcke eingerammt hat und sich hierbei gegen zum Teil erhebliche Widerstände durchsetzen musste.

„Heimat“ gibt es nur in der Einzahl. Ruth Monicke hatte aber zwei „Heimaten“, denn obwohl sie schon als Kind aus Schreiberhau, dem Ort zwischen Iser- und Riesengebirge, flüchten musste, hat sie, nachdem dies wieder möglich war, unermüdlich für Szklarska Poreba gearbeitet, Kontakte geknüpft, Projekte gefördert. Zuletzt, als das Reisen nicht mehr ging, blieben das Schreiben und die Kontaktpflege über das Netz.

Erste Frau im Walkenrieder Gemeinderat

In Walkenried mit der Familie Weichert angekommen, hatte sie es, wie alle Flüchtlinge, keineswegs einfach. Oft hat sie über ihre schwere erste Zeit erzählt – was sie nicht daran gehindert hat, zusammen mit dem Ur-Walkenrieder Gerhard Henze alles über die hiesige Geschäftswelt der Jahre 1945 bis 1950 zusammenzutragen und zu publizieren. Walkenried wurde ihr zur wirklichen zweiten Heimat, für die sie sich mit zunehmendem Alter immer stärker engagierte.

Als erste Frau wurde sie in den Walkenrieder Gemeinderat gewählt und hinterließ hier Spuren. Dazu zählen ihr Engagement für ältere Mitbürger oder ihre langjährige Tätigkeit als Leiterin der Gemeindebücherei.

Verbindung zwischen Walkenried und Ellrich

Unvergessen auch ihre Bemühungen um die Wiederaufnahme des Personenzugverkehrs zwischen Walkenried und Ellrich. Ihr Schriftwechsel hierzu füllt Ordner. Am Ende saß sie in einem der ersten Züge, die am 12. November 1989 tatsächlich wieder fuhren. Von unschätzbarem Wert war ihr Kampf um die Sanierung der Klosterteiche. Dass diese sich heute in gutem Zustand präsentieren, ist zweifellos ihr Verdienst.

Vor allem jedoch griff sie ein Thema auf, welches in Walkenried gern verdrängt wurde. Die „Juliushütte“ und das dortige KZ wurden – aus der Überzeugung heraus, dass man immer und immer wieder daran erinnern muss, um eine Wiederholung für alle Zukunft zu vermeiden – ihr großes Thema, für das sie sich mit allen anlegte, die ihr diesbezüglich in die Quere kamen. Ruth Monicke boxte schließlich die Aufstellung eines Gedenksteins auf Walkenrieder Gemarkung durch, knüpfte Kontakte zu ehemaligen Insassen, übersetzte deren Erinnerungen in die deutsche Sprache und drehte, nachdem die Grenze gefallen und das Gelände wieder vollständig verfügbar war, noch einmal richtig auf. Bis zuletzt nahm sie an der Entwicklung teil. Dass Walkenried sich inzwischen auch zu diesem Teil seiner Vergangenheit offen bekennt, ist ihr Vermächtnis.

Überzeugte Europäerin

So gesehen, ist nicht nur eine engagierte Walkenriederin und entschiedene Gegnerin der Nazis und jeder anderen Form der Gewaltherrschaft, sondern auch eine überzeugte Europäerin von uns gegangen. Von allem können wir eigentlich nicht genug haben. Allein deswegen wird sie uns fehlen.

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