Washington. Nach dem Schuldspruch droht den USA eine Zerreißprobe. „Es ist Zeit, ein paar Linke zu erschießen“, finden Anhänger des Ex-Präsidenten.

Aus Worten können dramatische Taten folgen, wie der Sturm aufs US-Kapitol im Januar 2021 zeigte. Auch nach dem historischen Richterspruch gegen Donald Trump befürchten Beobachter eine Eskalation.

In einschlägigen sozialen Medien wie Truth Social und Gateway Pundit wurde kaum verhohlen zu Gewalt und Protest gegen die Justiz und die Demokraten aufgerufen. Jemand, „der nichts zu verlieren hat”, müsse sich um Richter Juan Merchan „kümmern”, schrieb ein Teilnehmer. Ein anderer wünschte dem gebürtigen Kolumbianer, von der Machete eines illegalen Einwanderers getroffen zu werden. Gipfel der Aussetzer: „Es ist Zeit, ein paar Linke zu erschießen.” Was in New York geschehen sei, lasse sich „nicht durch Wahlen regeln”.

Anhänger des Ex-Präsidenten erklärten, Trump habe eine „Armee” hinter sich, die bereit sei, „für ihn zu kämpfen und zu sterben”. Trumps Büchsenspanner, etwa der einflussreiche Aktivist Charlie Kirk, riefen republikanische Staatsanwälte direkt dazu auf, Demokraten zu verfolgen. „Wir sind keine echte politische Bewegung, solange wir nicht bereit sind, Feuer mit Feuer zu beantworten. Verklagt die Linke”, rief Kirk, „oder verliert Amerika”.

Trump-Urteil: Drohen den USA jetzt Gewaltausbrüche?

Der Ton findet seinen Widerhall bis in höchste Republikanerkreise im Kongress. Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses, sprach von einem „düsteren Tag für Amerika”. Sein Kollege Jim Jordan nannte das Urteil eine „Farce”, die auf einen „voreingenommenen Richter” zurückgehe. Trump selber hatte am Kriegserinnerungsfeiertag Memorial Day von “Abschaum” gesprochen, der ihn juristisch verfolge.

Noch schreien sich Trump-Fans und seine Gegner nur an. Nach dem einstimmigen Schuldspruch wird befürchtet, dass es auch zu Gewaltausbrüchen der verfeindeten Lager kommen könnte.
Noch schreien sich Trump-Fans und seine Gegner nur an. Nach dem einstimmigen Schuldspruch wird befürchtet, dass es auch zu Gewaltausbrüchen der verfeindeten Lager kommen könnte. © ddp/ZUMA | Barry Williams

Nach dem Schuldspruch kurbelte der Rechtspopulist die Empörungswelle in seinem Lager mit der sachfremden Äußerung an, er sei ein „politischer Gefangener“, werde aber „niemals aufgeben“. Seine Anhänger forderte er – vor allem in Spendenaufrufen – dazu auf, den „Kampf gegen den tiefen Staat“ zu unterstützen. Nur mit ihm, so Trump, würden „Faschisten“, „linke Radikale, die Amerika zerstören wollen“ und „lügende Medien ausgerottet“.

Trump will „Faschisten und lügende Medien ausrotten“

Zur aufgeheizten Stimmung tragen Multiplikatoren wie Tucker Carlson bei, der früher bei Fox News eine der quotenträchtigsten TV-Sendungen führte. Das Urteil gegen Trump markiere „das Ende des fairsten Rechtssystems der Welt”, schrieb er. Dennoch werde Trump im November bei der US-Wahl gewinnen – „wenn ihn nicht irgendwer vorher ermordet.”

Extremismusexperten und Polizeivertreter sind alarmiert. Wenn Trump auch nur einige wenige Radikale mobilisieren kann, für ihn Rache zu üben, könne es blutig werden, sagte ein Analyst im US-Fernsehen. In New York hat Gouverneurin Kathy Hochul die Sicherheitsvorkehrungen verstärken lassen.

Ist froh, dass der Prozess vorbei ist, sorgt sich aber um die Zukunft Amerikas: Pornostar Stormy Daniels, die Frau, mit der im Trump-Prozess alles anfing.
Ist froh, dass der Prozess vorbei ist, sorgt sich aber um die Zukunft Amerikas: Pornostar Stormy Daniels, die Frau, mit der im Trump-Prozess alles anfing. © DPA Images | Ringo H.W. Chiu

Auch in der Hauptstadt Washington, wo Trumpianer am 6. Januar 2021 am Kapitol für einen Beinah-Staatsstreich gesorgt hatten, herrscht nach dem Schuldspruch erhöhte Wachsamkeit. Aktivisten hatten auf dem rechtsextremen Infoportal „Patriots.win“ geschrieben: „Eine Million bewaffnete Männer müssen nach Washington gehen und alle aufhängen. Das ist die einzige Lösung.“ Mehrere demokratische Kongressabgeordnete äußerten offen Angst vor Gewaltausbrüchen. „Wir wären dumm, uns darüber keine Sorgen zu machen“, sagte die Parlamentarierin Becca Balint.