Berlin. UFC-Kämpfe sind für Donald Trump ein sichereres Pflaster. Im Ring und auf den Rängen genießt er viele Sympathien. Das spielt ihm in die Karten.

An einem Samstagabend im Juni gleicht das Prudential Center in Newark einem Hexenkessel. Rund 20.000 Zuschauer drängen sich in den Reihen der Arena im US-Bundesstaat New Jersey, darunter viele jüngere Männer. Sie jubeln, schreien, johlen. Gekommen sind sie, um den Leichtgewicht-Titelkampf im Kampfsport Mixed Martial Arts („gemischte Kampfsportarten“) zwischen dem Russen Islam Makhachev und dem Amerikaner Dustin Poirier zu sehen. Doch das wahre Highlight des Abends heißt Donald Trump.

Der Geräuschpegel schwillt gewaltig an, als der Ex-Präsident auf einem schmalen Gang in die Halle läuft. Er schüttelt Hände, reckt die Faust hoch. Die Leute zücken ihre Handys, um ein Foto von Trump zu machen, der wie ein Popstar gefeiert wird. Ein kurzes Video davon postet er später auf seinem brandneuen TikTok-Kanal.

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Der designierte Präsidentschaftskandidat der Republikaner hat hier ein Heimspiel. Er wird von Dana White begleitet, einem kahlköpfigen Mann, der aussieht wie der muskelbepackte Türsteher eines Clubs. White ist Präsident der Organisation Ultimate Fighting Championship (UFC), dem weltweit größten Veranstalter der Mixed Martial Arts (MMA). Für Trump hat der frühere Aerobic-Trainer vor allem Lobeshymnen übrig. „Er ist so ein großartiger Kampfsport-Fan. Die Kämpfer lieben ihn alle.“

Vergangene Woche musste er jedoh eine neuerliche Trump-Aussage wegmoderieren. Dieser hatte vor christlichen Anhängern eine MMA-Liga nur für Migranten vorgeschlagen. „Ich sagte: Dana, ich habe eine Idee. Warum startest du nicht eine Liga mit Migranten und eine normale Liga mit Kämpfern. Und am Ende kämpft der Sieger in deiner Liga, das sind großartigsten Fighter der Welt, gegen den Champion der Migranten.“ White habe die Idee allerdings nicht sehr gemocht, räumte Trump selbst ein. Während Demokraten und andere Beobachter sich über den Vorstoß empörten, wiegelte der UFC-Präsident aus der Ferne in Saudi-Arabien ab. Trump habe nur einen Witz gemacht.

Trump und die Mixed Martial Arts: Forscher erklärt besondere Verbindung

Für die Beliebtheit des Ex-Präsidenten in der Szene gibt es tatsächlich zahlreiche Belege. Michael Chandler, Champion in der Leichtgewichts-Klasse der MMA, postete nach der Verurteilung Trumps durch ein New Yorker Gericht Ende Mai ein Foto von sich und dem Ex-Präsidenten auf Instagram. „Sie waren in meiner Ecke, jetzt bin ich in Ihrer“, schrieb er. Der frühere MMA-Meister Tito Ortiz postete auf X (ehemals Twitter) ein Bild, das ihn mit einer amerikanischen Flagge zeigt. Auf seinen Sporthosen steht in großen Lettern: „Trump 2024“.

US-Präsident Donald Trump im März bei einem Kampfsport-Event.
US-Präsident Donald Trump im März bei einem Kampfsport-Event. © Zuffa LLC via Getty Images | JEFF BOTTARI

Ortiz ist ein Anhänger der QAnon-Bewegung, die im Internet Verschwörungstheorien mit rechtsextremem Hintergrund verbreitet. Ihr Idol ist Trump, der einen angeblich durch Demokraten verseuchten „deep state“ bekämpft. „Viele Trump-Fans aus der rechten Szene sind an Mixed Martial Arts interessiert und üben diese doch etwas dubiose Sportart oftmals selbst aus“, sagt Klaus Larres, Politikwissenschaftler an der University of North Carolina in Chapel Hill, unserer Redaktion. „Trump kann sich dadurch eben auch als ‚tough‘ und vor allem als spirituell diesen Fans verbunden darstellen.“

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Vor allem gehe es ihm aber darum, „als hart und ‚männlich‘ rüberzukommen“. Er wolle sich mit den Anhängern aus der rechten Szene identifizieren. Trump ist zwar im rechten politischen Spektrum populär. Dennoch passen die Auftritte bei MMA-Events gut vier Monate vor der Präsidentschaftswahl in seine Wahlkampf-Strategie. Zum einen kann er dadurch seine Basis im Duell gegen Joe Biden mobilisieren – der Amtsinhaber ist derzeit nur begrenzt in der Lage, seine Anhängerschaft zu begeistern. Zum anderen erhofft sich Trump, möglichst viele jüngere Amerikaner zu elektrisieren, die in der Vergangenheit oft nicht zur Wahl gingen.

Mixed Martial Arts: Kampffläche ist mit Maschendrahtzahn gesichert

Es ist Teil der Siegesformel des republikanischen Herausforderers. Sie besteht darin, nicht nur das eigene Stammpublikum unter Strom zu setzen, sondern Teile von Bidens Wählerreservoir ins eigene Lager zu ziehen: Junge, Schwarze und Latinos. Es ist vermutlich kein Zufall, dass auch der russische Präsident Wladimir Putin oder der brasilianische Ex-Staatschef Jair Bolsonaro mit MMA sympathisieren. Putin, Träger des schwarzen Judo-Gürtels, wie auch Bolsonaro besuchten mehrere Kampf-Veranstaltungen.

Mixed-Martial-Arts-Wettkampf in Kalifornien: In vielen US-Bundesstaaten waren die Kämpfe lange verboten. Doch dann kam Trump.
Mixed-Martial-Arts-Wettkampf in Kalifornien: In vielen US-Bundesstaaten waren die Kämpfe lange verboten. Doch dann kam Trump. © Getty Images | Joe Scarnici

Mixed Martial Arts gelten als besonders brutale Sportart. Die Kämpfer treten barfuß an und tragen leichte Handschuhe, die an den Fingern offen sind. Sie bedienen sich der Schlag- und Tritttechniken des Boxens, Kickboxens, Taekwondo, Muay Thai und Karate. Aber auch die Bodenkampf- und Ringtechniken des Brazilian Jiu-Jitsu, Ringens, Judo und Sambo kommen zum Einsatz. Es gibt nur wenige Beschränkungen wie Schläge gegen die Genitalien oder Beißen. Gekämpft wird auf einer achteckigen Fläche (Oktagon), die mit Maschendraht gesichert ist.

Beim Duell in Newark erlitt der im Nordkaukasus geborene Islam Makhachev eine blutende Schnittwunde, die von der Nase bis zur Stirn reichte. Er gewann dennoch in der fünften Runde durch Würgegriff. Bis heute starben in der Sportart sechs Kämpfer infolge der erlittenen Verletzungen. Kein Wunder, dass die Mixed Martial Arts hochumstritten sind.

MMA hochumstritten: Donald Trump half in schwieriger Phase aus

US-Senator John McCain sprach 1996 von einem „menschlichen Hahnenkampf“. Eine Ansicht, die von vielen geteilt wurde. MMA war damals in 36 Bundesstaaten verboten. Der österreichische Boxkommentator und Kabarettist Werner Schneyder sagte im FAZ-Interview, man müsse „diesen Wahnsinn“ verbieten und nehme ansonsten „Krüppelhaftigkeit und Todesfolge“ in Kauf.

Dass sich Mixed Martial Arts dennoch in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern durchsetzen konnten, liegt auch an Donald Trump. Als UFC-Präsident Dana White Probleme hatte, Kämpfe auszurichten, sprang der New Yorker Immobilien-Mogul ein. Er stellte 2001 sein Casinohotel in Atlantic City als Kampfarena zur Verfügung. Zug um Zug wurden MMA im Land immer populärer. White dankte dies durch unerschütterliche Loyalität zu Trump. Er trat vor den Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 als dessen Wahlkampfredner auf. Auch 2024 dürfte noch von ihm zu hören sein.