Berlin.. Am 6. Juni 1944 gelang der D-Day. Was passierte damals, welche Folgen hatte es und wie viele Soldaten kamen ums Leben? Ein Überblick.

Vor genau 80 Jahren, am 6. Juni 1944, landeten alliierte Truppen in einer streng konzertierten und geheim gehaltenen Aktion am Strand der nordfranzösischen Normandie. Ihr Ziel: Nazi-Deutschland besiegen und Europa befreien. Die sogenannte „Operation Overlord“ gilt als einer der Wendepunkte im Zweiten Weltkrieg – und als eines der aufwändigsten Militärmanöver der jüngeren Geschichte. Wie kam es zum D-Day? Und welche Auswirkungen hat er konkret gehabt? Ein Überblick.

Was war der D-Day und warum ist er ein entscheidender Moment in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs?

Die amerikanische Bezeichnung „D-Day“ steht für „Débarquement“ (Landung) und bezieht sich auf den 6. Juni 1944, als die Westalliierten erstmals an der nordwestlichen Küste Frankreichs nahe Cherbourg landeten. Rund 150.000 Soldaten betraten französischen Boden. Bis zum 12. Juni 1944 gingen 326.000 Mann an Land, 54.000 Fahrzeuge und 104.000 Tonnen Material. Es handelte sich um einen absoluten Überraschungsmoment im Zweiten Weltkrieg: Denn wenn die Alliierten aus dem Westen europäisches Festland betreten würden, so nahmen die Nationalsozialisten an, dann würden sie das an einer ganz anderen Stelle tun, nämlich am Pas-de-Calais, wo der Ärmelkanal enger ist.

D-Day: Die entscheidende Invasion der Normandie

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    Dass es dazu nicht kam, lag am raffinierten Täuschungsmanöver, das die Alliierten fast ein Jahr lang geplant hatten. Im Rahmen dieser „Operation Fortitude“ wurden Funksprüche gefälscht, Soldaten wurden an unbedeutende Orte im Südosten Englands gelegt, fiktive Befehlshaber wurden erfunden und Baseballspiele in den USA wurden zwischen den Einheiten per Funk übertragen. Man kreierte ganze Phantomdivisionen, um die Deutschen über den tatsächlichen Ort und Zeitpunkt des Angriffs zu täuschen.

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    Welche alliierten Streitkräfte waren am D-Day beteiligt und wie wurden die Landungen an der Küste der Normandie durchgeführt?

    Hauptakteur waren die USA. Auch Großbritannien, Kanada, der unbesetzte Teil Frankreichs mit General Charles de Gaulle, Australien, Belgien, Norwegen und zahlreiche andere Länder waren beteiligt. Die Landungstruppen bestanden sowohl aus Boden-, Marine- als auch Luftstreitkräften. Die Operation, die auch als „Neptune“ bekannt ist, war die amphibische Phase der „Operation Overlord“.

    Vorab wurden detaillierte Karten erstellt, amphibische Landefahrzeuge und spezielles Gerät entwickelt, und es gab ausgedehnte Trainingsoperationen. Die alliierten Streitkräfte führten sorgfältige Aufklärungsmissionen durch, einschließlich Luftbildfotografie, um genaue Informationen über die deutschen Verteidigungsanlagen zu sammeln.

    Landung am Strand: Vor der Anlandung führten die Alliierten massive Luftschläge durch, um die deutschen Verteidigungsstellungen zu schwächen.
    Landung am Strand: Vor der Anlandung führten die Alliierten massive Luftschläge durch, um die deutschen Verteidigungsstellungen zu schwächen. © AFP | -

    Vor und während der Landungen führten alliierte Bomberflugzeuge und Schiffe massive Bombardierungen durch, um die deutschen Verteidigungsstellungen, Kommunikationszentren und Nachschublinien zu schwächen. Die Normandieküste wurde in fünf Hauptabschnitte unterteilt: Utah und Omaha (US-Streitkräfte), Gold (britische Armee), Juno (kanadische Armee) und Sword (ebenfalls britische Armee). Jeder Strand hatte spezielle Einheiten zugeordnet, die für die Einnahme und Sicherung des Gebiets verantwortlich waren.

    In den frühen Morgenstunden des 6. Juni landeten Luftlandetruppen schließlich hinter den Stränden, um Schlüsselpositionen zu sichern und die Bewegungen der deutschen Truppen zu behindern. Kurz darauf folgte der Hauptangriff mit amphibischen Truppen, die in einer koordinierten Aktion an den zugeteilten Stränden landeten.

    Wie viele Soldaten kamen bei der Operation ums Leben?

    Das kann man nicht genau sagen. Je nach Quelle findet man unterschiedliche Angaben, da die Aufzeichnungen aus den 1940er-Jahren nicht immer vollständig sind. Die „Operation Overlord“ begann mit dem D-Day und endete Ende August 1944, als Paris befreit und die meisten Teile Nordfrankreichs von den Alliierten eingenommen waren.

    Schätzungen zufolge beläuft sich die Zahl der Toten, Vermissten und Verwundeten während der Schlacht in der Normandie auf 210.000 bis über 400.000. Zirka 37.000 bis 45.000 Angehörige der Bodentruppen wurden getötet. Zu den Toten der Luft- und Seestreitkräfte kommen zusätzliche Verluste hinzu. Dies sind allerdings nur die Zahlen aus der Normandie – bei den Kampfhandlungen in Westeuropa, nach erfolgreicher Anlandung, kamen zahlreiche weitere Soldaten ums Leben.

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    Welche strategischen Ziele verfolgten die Alliierten mit der Invasion in der Normandie?

    Schon seit 1941 hatten die Sowjets von den Westalliierten gefordert, eine zweite Front in Westeuropa zu eröffnen, um den Druck von der Ostfront zu nehmen. Dort hatte die Sowjetunion den Großteil der Wehrmachtskräfte gebunden. Durch die Invasion in der Normandie wollten die Alliierten Deutschland zwingen, Truppen aus dem Osten abzuziehen und zweigleisig kämpfen zu müssen.

    Ein zweites, sehr wichtiges Ziel war die Befreiung Europas von der Nazi-Herrschaft, beginnend mit Frankreich. Von dort aus wollte man sich den Weg ebnen, um weiter nach Deutschland vorzustoßen und Hitlers Regime zu stürzen.

    Außerdem wollten die Alliierten die sogenannten Achsenmächte schwächen, also Hitler und seine Vebündeten Italien und Japan. Die militärische Wucht des „D-Day“ sollte den Achsenmächten zeigen: Wir meinen es ernst. Die Achsenmächte zu schwächen, sollte durch die Errichtung einer sicheren Basis in Westeuropa gelingen – denn damit konnten die Alliierten Direktangriffe auf deutsche Truppen und das besetzte Europa durchführen, was wiederum Hitlers Kriegsanstrengungen schwächen sollte. Die Normandie zu kontrollieren, bot den Alliierten weitere Vorteile. So konnten sie die dortigen Häfen nutzen, um Nachschub und Verstärkung nach Europa zu bringen.

    Um die Invasion zum Erfolg zu führen, mussten die Alliierten die Lufthoheit in Westeuropa erringen. Sie mussten sicherstellen, dass sie den Himmel für Aufklärungsflüge, Bombermissionen und zur Unterstützung der Bodentruppen frei nutzen konnten.

    US-Soldaten am Omaha Beach in der Normandie: Tausende alliierte Soldaten sind bei dem Manöver ums Leben gekommen.
    US-Soldaten am Omaha Beach in der Normandie: Tausende alliierte Soldaten sind bei dem Manöver ums Leben gekommen. © NDR/SPIEGEL TV | NDR/Spiegel TV

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    Welche Herausforderungen mussten die Alliierten überwinden?

    Es ist nicht so, dass die Nazis die Alliierten gar nicht erwartet hätten. Im Gegenteil: Entlang der westeuropäischen Küsten hatten sie massive Verteidigungsanlagen errichtet, den sogenannten Atlantikwall, einschließlich Bunkern, Landminen, Hindernissen, Artilleriestellungen und Maschinengewehrnestern, die darauf ausgelegt waren, jede amphibische Landung abzuwehren.

    Eine weitere Herausforderung waren das Wetter und die Gezeiten. Schlechte Bedingungen verzögerten die Invasion um einen Tag und beeinflussten die ersten Phasen der Landung. Bei den nächtlichen Anlandungen hatten die alliierten Streitkräfte Schwierigkeiten bei der Navigation und mussten nicht nur die stark verteidigten Strände ansteuern, sondern auch bei starker Strömung und schlechter Sicht präzise Manöver durchführen. Gleichzeitig kämpften die Militärs damit, die verschiedenen Streitkräfte (Land, Luft und See) effizient zu koordinieren, was auch an den Kommunikationsmöglichkeiten der damaligen Zeit lag.

    Die Gegebenheiten vor Ort waren mitunter sehr unterschiedlich. Vor allem Omaha Beach, wo die US-Truppen anlandeten, war von den Deutschen extrem gut verteidigt. Dies führte zu hohen Verlusten auf amerikanischer Seite. Hatten sie die deutschen Stellungen erst eingenommen, kam es darauf an, rasch für Nachschub zu sorgen und temporäre Häfen (sogenannte Mulberry-Häfen) zu errichten.

    Die Nationalsozialisten gaben indes nicht auf – sie wehrten sich erbittert und setzten Gegenoffensiven ein, oft unter Einsatz von Elite-Panzereinheiten wie den SS-Panzerdivisionen, was zahlreiche zusätzliche Gefechte erzwang und das Vorrücken der Alliierten verlangsamte.

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    Welche langfristigen Auswirkungen hatte der D-Day auf den Verlauf des Zweiten Weltkriegs?

    Das Ziel der Alliierten, eine zweite Front gegen die Deutschen aufzumachen, ging voll auf. Die Landung in der Normandie teilte die Kräfte der deutschen Wehrmacht und führte zu einer strategischen Entlastung der Sowjetunion an der Ostfront. Die Deutschen mussten Schlüsselressourcen abzweigen und erlitten Kontrollverluste über kritische Gebiete. Allgemein führte der D-Day dazu, dass die Nazis weniger Offensivoperationen durchführten. Die Initiative wechselte immer stärker zu den Alliierten.

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    Doch auch ein anderes Kernziel der Alliierten wurde erreicht, nämlich der Anfang vom Ende der nationalsozialistischen Vorherrschaft in Westeuropa. In den Monaten nach dem D-Day wurden Länder wie Frankreich, Belgien, Luxemburg und die Niederlande befreit.

    Schlussendlich bedeutete der D-Day auch einen Motivationsschub für die alliierten Truppen: Die Tatsache, dass die aufwändige Operation so erfolgreich verlaufen war, stärkte die Moral der Beteiligten und der von Deutschland besetzten Gebiete. Plötzlich wurde klar: Die Mittel und der politische Wille, die Nationalsozialisten zu besiegen, sind vorhanden.

    Man kann auch festhalten, dass im Erfolg des D-Day moderne Militärbündnisse wie die Nato ihren Kern haben. Denn bei der konzertierten Militäraktion haben etliche Länder vertrauensvoll miteinander kooperiert. Die Vereinten Nationen wurden im Oktober 1945 gegründet, 1949 folgte die Nato-Gründung.

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    Wie wird heute an den D-Day erinnert?

    Neben zahlreichen Feiern zum Jahrestag gibt es ein stetes Bemühen, das Gedenken an die damals gefallenen Soldaten hochzuhalten, etwa mit mehreren Denkmälern und Friedhöfen. Zu den bemerkenswertesten gehört der Amerikanische Friedhof in Colleville-sur-Mer, der über Omaha Beach blickt, wo Tausende von weißen Kreuzen und Davidsternen in Reihen stehen.

    Der britische Veteran Bernard Morgan, 100, besucht die Gräber der gefallenen D-Day-Soldaten im französischen Bayeux: In der Normandie gibt es zahlreiche Denkmäler und Friedhöfe, die an die Ereignisse des 6. Juni 1944 erinnern.
    Der britische Veteran Bernard Morgan, 100, besucht die Gräber der gefallenen D-Day-Soldaten im französischen Bayeux: In der Normandie gibt es zahlreiche Denkmäler und Friedhöfe, die an die Ereignisse des 6. Juni 1944 erinnern. © Getty Images | Pool

    Überhaupt ist die Normandie natürlich der zentrale Erinnerungsort. Mehrere Museen und Besucherzentren stellen Artefakte aus und bieten Info-Material für Schulklassen. Im Overlord Museum etwa wird nach Angaben des Museums eine Sammlung von mehr als 10.000 Ausstellungsstücken gezeigt, darunter über 40 Fahrzeuge, Panzer und Kanonen. Einer der bewegendsten Kriegsfilme der neueren Zeit befasst sich ebenfalls mit dem D-Day – „Der Soldat James Ryan“ mit Tom Hanks in der Hauptrolle.