Peine. Selbst in SPD-Hochburgen liegt die CDU vorne. SPD und Grüne verlieren, die AfD verbucht Zuwächse. Ergebnisse und Analysen im Überblick.

Die CDU – sie bestätigt auch bei dieser Europawahl im Landkreis Peine ihren Ruf als „Europapartei“. Wie schon beim Euro-Urnengang 2019 ist die Union – mit Zugewinnen – stärkste Kraft im Kreisgebiet mit 28,76 Prozent (SPD: 23,36 Prozent), doch diesmal liegt sie in der Stadt und in allen sechs Land-Gemeinden vorne (jeweils vor der SPD). Starke Gewinne verzeichnet kreisweit die AfD, die laut Verfassungsschutz zumindest in Teilen als „gesichert rechtsextrem“ einzustufen ist: Sie rangiert in der Stadt Peine und allen Land-Gemeinden – außer in Wendeburg – als drittstärkste Kraft hinter der CDU und der SPD und vor den Grünen (außer in Wendeburg). Ihr bestes Ergebnis holt die AfD mit 18,01 Prozent in der „roten Hochburg“ Lengede.

Die Sieger in der Peiner CDU-Kreisgeschäftsstelle nach der Europa-Wahl 2024. Hinten auf der Leinwand Manfred Weber, der CSU-/EVP-Spitzenkandidat 
Die Sieger in der Peiner CDU-Kreisgeschäftsstelle nach der Europa-Wahl 2024. Hinten auf der Leinwand Manfred Weber, der CSU-/EVP-Spitzenkandidat  © FMN | Harald Meyer

Bemerkenswert: Zwar ist „Europa“ für viele Menschen buchstäblich weit weg. Dennoch ist im Kreis Peine die Wahlbeteiligung leicht gestiegen – von 62,0 Prozent beim Urnengang 2019 auf 65,47 Prozent bei der Europawahl am Sonntag (9. Juni). Von diesem Zuwachs scheint am meisten ausgerechnet die AfD profitiert zu haben, die der Europäischen Union (EU) skeptisch bis ablehnend gegenübersteht. Unsere Redaktion wirft einen Blick auf die Wahlergebnisse in der Stadt und in den Land-Gemeinden.

So hat Lengede gewählt

In der eigentlichen SPD-Hochburg Gemeinde Lengede ist die CDU bei der Europawahl mit 26,49 Prozent stärkste Kraft geworden: Bei der Europawahl 2019 war es mit 23,23 Prozent noch Platz zwei hinter der SPD (26,83 Prozent). Diesmal allerdings reicht es für die Sozialdemokraten nur für 23,28 Prozent und Platz zwei. Trotzdem will Michael Kramer, Chef des CDU-Gemeindeverbands Lengede, nicht in Euphorie verfallen, denn für ihn sind die Europawahl und die Kommunalwahlen 2026 zwei gänzlich unterschiedliche Paar Schuhe. „Die Europa-Politik ist für viele Menschen weit weg und anonym“, meint Kramer. Daher hätten viele den Euro-Urnengang genutzt, um „Frust abzulassen“, denn die Verärgerung über die Bundesregierung (SPD/Grüne/FDP) sei groß – Kramer spricht von einer „Denkzettel-Wahl“ am Sonntag.

Trotz des Ergebnisses gute Stimmung im Peiner Grünen-Kreisverband bei der Wahlparty zur Europa-Wahl 2024. 
Trotz des Ergebnisses gute Stimmung im Peiner Grünen-Kreisverband bei der Wahlparty zur Europa-Wahl 2024.  © FMN | Harald Meyer

Ihr kreisweites Spitzenergebnis hat die AfD in der Gemeinde Lengede erreicht (18,01 Prozent): eine deutliche Steigerung gegenüber 2019 mit 11,87 Prozent. „Die AfD ist in der Gemeinde Lengede nicht aktiv, trotzdem wird sie gewählt“, ist Kramer frustriert: „Da die CDU diesmal auch in der Gemeinde Lengede so gut wie lange nicht abgeschnitten hat, können die AfD-Stimmen nur zu einem kleinen Teil von der CDU gekommen sein.“ Viele der AfD-Stimmengeber seien wohl „eher enttäuschte konservative SPD-Wähler, denn diese Partei hat starke Verluste in der einstigen Hochburg Lengede hinnehmen müssen“.

Die Grünen sind auch in Lengede mit einem Absturz von 16,80 Prozent bei der Wahl 2019 auf 7,24 Prozent am Sonntag der große Verlierer. Die FDP verbessert sich leicht von 4,48 auf 5,10 Prozent. Weitere Auffälligkeit in der Gemeinde Lengede: Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) startet in Lengede mit 5,19 Prozent – ebenfalls ein kreisweiter Spitzenwert.

So hat Wendeburg gewählt

In der Gemeinde Wendeburg sind die Grünen die klaren Verlierer: Bei der Europawahl 2019 erreichten sie 22,34 Prozent der Wählerstimmen, jetzt nur noch 12,41 Prozent. Die AfD legte zu, von 7,60 Prozent im Jahr 2019 auf 12,36 Prozent bei der Wahl am Sonntag. Die CDU legte minimal zu, von 32,71 Prozent auf 33,02 Prozent, die SPD verlor Wählerstimmen, aber auch nur minimal: Von 20,80 Prozent bei der Europawahl 2019 sank ihr Wert auf 19.66 Prozent. Die FDP legte zu, von 4.88 Prozent auf 6,21 Prozent. Die neue Partei von Sarah Wagenknecht (BSW) bekam in der Gemeinde Wendeburg 3,55 Prozent der Wählerstimmen.

Skeptische Blicke beim SPD-Unterbezirk Peine auf die Ergebnisse der Europawahl.
Skeptische Blicke beim SPD-Unterbezirk Peine auf die Ergebnisse der Europawahl. © FMN | Harald Meyer

Die Wahlbeteiligung ist mit 72,15 Prozent gegenüber 70, 84 Prozent bei der Europawahl 2019 leicht gestiegen. Auch das zeigt der Blick auf die Wahlergebnisse: Die Einwohnerzahl der Gemeinde Wendeburg ist größer geworden, 2019 hatte Wendeburg 8348 Wahlberechtigte, jetzt waren es 8547 Wahlberechtigte.

So hat Vechelde gewählt

Alles beim Alten in der Gemeinde Vechelde: Wie schon 2019 – seinerzeit mit 28,54 Prozent – liegt die CDU auch diesmal vorne mit 30,18 Prozent vor der SPD (diesmal 23,07 Prozent, 2019: 23,46 Prozent). André Pape, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Vechelde, nennt als Grund für diese neuerliche Niederlage den „Bundestrend“ – die Bundesregierung (SPD/Grüne/FDP), deren „Performance nicht hilft“. Dennoch gibt der Sierßer als erklärtes Ziel der SPD heraus, bei den Kommunalwahlen 2026 wieder stärkste Kraft in der Gemeinde zu sein und den Bürgermeister zu stellen. Es sei gang und gäbe, für „schlechte Politik abgestraft zu werden“, dann müsse die jeweilige Partei „daraus lernen und sich neu aufstellen“. Zu der AfD, die auch in der Ostkreisgemeinde Zuwachs erfahre (13,81 Prozent in 2024, 8,23 Prozent in 2019), stellt Pape fest, diese Partei sei in dieser Kommune nicht aktiv. Der 27-Jährige räumt aber ein, die AfD habe eine gewisse „Strahlkraft“ auf junge Leute, was auch an deren Social-Media-Auftritten liege. Für die Grünen gibt es auch in Vechelde ein Desaster: von 21,05 Prozent (2019) auf 11,23 Prozent (2024).

So hat die Stadt Peine gewählt

In der Stadt Peine kommt die AfD bei der jetzigen Europawahl auf 16,07 Prozent, 2019 waren es 9,93 Prozent. Damit hat diese Partei ihre Stimmen im Stadtgebiet fast verdoppelt. Die CDU legt zu, von 24,92 auf 26,60 Prozent. Die SPD muss auch in Peine („rote Hochburg?“) Einbußen hinnehmen, von 27,91 Prozent bei der Wahl 2019 runter auf 24,28 Prozent am Sonntag. Die Grünen sind in der Stadt die große Absturzpartei, von 18,62 Prozent vor fünf Jahren auf 8,86 Prozent. Die FDP kann hingegen sich leicht steigern von 4,05 auf 4,78 Prozent. Das BSW kommt bei der Premiere auf 4,54 Prozent. Da es bei der Europawahl keine Fünf-Prozent-Hürde gibt, schickt die neue Partei also einige Abgeordnete ins Parlament nach Brüssel (nicht aus Peine).

Bei den in den Wahldiagrammen in der Regel unter „Sonstige“ zusammengefassten Parteien liegt in der Stadt Peine die Partei Volt mit 2,00 Prozent vorne, gefolgt von der DAVA mit 1,79 Prozent. Diese Partei wurde für die diesjährige Europawahl gegründet. DAVA steht als Kürzel für Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch. Diese Partei richtet sich in erster Linie an Bürger und Bürgerinnen mit türkischem Migrationshintergrund. Die Tierschutzpartei bekam in der Stadt Peine 373 Stimmen, das sind 1,66 Prozent. Die Satiretruppe „Die Partei“ erreichte 1,56 Prozent.

Gemeinde Edemissen

Auch in der Gemeinde Edemissen sind die Grünen die Verlierer der Europawahl. Gute 21,60 Prozent der Wählerstimmen erreichten sie bei der Europawahl, am Sonntag lagen sie mit 10,2 Prozent gerade mal noch im zweistelligen Bereich. Die AfD erhielt 13,70 Prozent, bei der Europawahl 2019 waren es 8,26 Prozent. Die CDU konnte ihr Wahlergebnis in der Gemeinde Edemissen von 29,33 Prozent auf 31,86 Prozent steigern, die SPD verlor Stimmen. 2019 erreichten die Sozialdemokraten 24, 19 Prozent, am Sonntag 22,43 Prozent. Die FDP erreichte am Sonntag in der Gemeinde Edemissen 5,05 Prozent, etwas mehr als 2019. Da waren es 4,39 Prozent. Die neue Partei von Sarah Wagenknecht (BSW) erreichte 3,70 Prozent. In der Gemeinde Edemissen durften 10.066 Bürger wählen, die Wahlbeteiligung lag bei 70,12 Prozent.

So hat Ilsede gewählt

Einen Machtwechsel gibt es in der Gemeinde Ilsede – diese „SPD-Hochburg“ ist somit ebenfalls gefallen: Die CDU steigert sich von 24,92 Prozent (2019) auf nunmehr 28,24 Prozent (2024) und gewinnt; die SPD rutscht von 29,02 Prozent (2019) runter auf 24,61 Prozent (2024) und wird Zweiter. Weitere Gewinner außer der CDU ist auch in Ilsede die AfD – sie steigert sich von 9,4 Prozent (2019) auf nunmehr 15,77 Prozent und wird dritte Kraft vor den Grünen (von 17,63 Prozent auf nunmehr 8,88 Prozent).

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